Tausende tote Schwalben in Österreich

17. September 2024

BirdLife Österreich über das Extremereignis und mögliche Auswirkungen

In den vergangenen Tagen suchten tausende geschwächte Schwalben Schutz unter Dachvorsprüngen vor dem tagelangen, anhaltenden Starkregen. Sie befanden sich am Zug in ihre afrikanischen Winterquartiere. Tierschutzorganisationen und Auffangstationen und viele andere leisteten Großartiges, um so viele Schwalben wie möglich zu retten. Dennoch überlebten sehr viele Vögel nicht. Um derartige Bestandseinbußen wieder ausgleichen zu können, appelliert BirdLife für mehr Akzeptanz für Schwalben und ihre Nester während der Brutzeit und für den Erhalt und die Wiederherstellung intakter Lebensräume.

Mehlschwalben an einem Wasserrand beim Aufsammeln von Lehm als Nistmaterial.

„Das aktuelle Extremwetterereignis mit Überschwemmungen und Stürmen ließ viele Vögel während ihres Zugs in den Süden regelrecht hängen bleiben“, so Eva Karner-Ranner von BirdLife Österreich: „Man spricht von einem Zugstau.“ Sichtbar werden diese Phänomene selten so deutlich wie in den letzten Tagen, als tausende geschwächte oder tote Schwalben, überwiegend Mehlschwalben, beobachtet werden konnten. Wenn durch den anhaltenden Starkregen die Nahrungssuche nach Fluginsekten erfolglos oder gar nicht möglich ist, kann es zum massenhaften Tod kommen. Eine ähnliche Katastrophe fand 1974 statt, die damals zu einer beispiellosen Aktion führte, indem Schwalben eingesammelt und mit Flugzeug und Bahn in den Süden weitertransportiert wurden. 

„Durch lang andauernde Starkregenereignisse mit Sturm sind vor allem Fluginsektenjäger wie Schwalben betroffen. Vom Schneefall in höheren Lagen und längerer Schneebedeckung könnten aber auch andere Insektenfresser beeinträchtigt werden, die vornehmlich am Boden nach Nahrung suchen. Das wären zum Beispiel Hausrotschwanz, Rotkehlchen oder Singdrosseln. Wobei diese Vogelarten am Herbstzug im Gegensatz zu Fluginsektenjägern den Vorteil haben, dass sie teilweise auf Fruchtnahrung umstellen und jetzt zum Beispiel Vogelbeeren fressen könnten“, berichtet die Ornithologin.

Akuthilfe 

„Als am Wochenende das Ausmaß des Schwalben-Zugstaus offensichtlich wurde, reagierten Tierschutzorganisationen und Pflegestationen inklusive freiwilligen Helfer:innen rasch und leisteten und leisten nach wie vor großartige Hilfe“, so Karner-Ranner: „Geschwächte Schwalben wurden in großen Zahlen aufgenommen und werden versorgt, bis sie wieder freigelassen werden können. Wir danken den Organisationen wie Tierschutz Austria, Wiener Wildnis, der Hunde-Such-Hilfe Österreich, EGS Haringsee den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern und allen anderen Organisationen und Vogelauffangstationen, die bei der Koordination, Abholung und Unterbringung der in Not geratenen Schwalben so tatkräftig und unermüdlich geholfen haben.“

Auch weiterhin gilt, dass man Schwalbenansammlungen, wenn sie unter Dächern oder ähnlichem Schutz gesucht haben, nicht stören sollte, damit sie nicht noch mehr Energie verlieren. Am Boden sitzende Vögel, die nicht mehr auffliegen, können nach Rücksprache in einer Schachtel mit Luftlöchern in die nächste Auffangstation gebracht werden, damit sie dort fachgerecht versorgt werden können. https://birdlife.at/page/vogel-auffangstationen

Für den Transport sollten keine Gitterkäfige verwendet werden. Zudem sollte die Verabreichung von Wasser und Futter nur nach Absprache mit den erfahrenen Mitarbeiter:innen der Auffangstationen erfolgen.

Auswirkungen auf den Brutbestand? 

Inwieweit sich die aktuelle Katastrophe auf die heimische Brutpopulation und den Brutbestand auswirkt, istsehr schwer einzuschätzen. „Die betroffenen Schwalben sind zumindest teilweise sowohl Durchzügler aus dem Norden Europas als auch heimische Jungvögel, deren Sterblichkeit auf dem Zug im ersten Winterhalbjahr schon von vornherein leider recht hoch ist“, so die Experten von BirdLife Österreich: „Konkret wissen wir erst nach Auswertung der nächstjährigen Beobachtungs- und Zähldaten unserer heimischen Brutvögel Bescheid, ob und wie stark sich dieses mitteleuropäische Extremwetterereignis auf die heimischen Schwalbenbestände ausgewirkt hat. Prinzipiell können sich Schwalbenpopulationen von wetterbedingten Verlusten jedoch erholen, sofern die Bedingungen in den nächsten Jahren günstig sind. Lokaler Schwalbenschutz sowie der Erhalt und die Wiederherstellung intakter Lebensräume können zum „Gamechanger“ werden, wenn es darum geht, die diesjährige Schwalbenkatastrophe auszugleichen!“

Hilfe auf längere Sicht 

Generell ist bei Schwalben in den letzten Jahren ein deutlicher Bestandsrückgang bemerkbar: In den letzten 20 Jahren haben sich die Bestände der Mehlschwalbe österreichweit halbiert. Den Rauchschwalben könnte ein ähnliches Schicksal drohen, auch ihre Bestände sind rückläufig. Die mangelnde Akzeptanz von Schwalben als Mitbewohner, die direkte, immer wieder vorkommende Zerstörung von Nistplätzen und Nestern,sowie die Bodenversiegelung, die das Sammeln von Nistmaterial erschwert, zählen zu den größten Problemen der heimischen Schwalben. Zusätzlich führen der Strukturverlust in der Kulturlandschaft, der Rückgang der Großviehhaltung sowie der Einsatz von Insektiziden und Pestiziden zu einem nachweislichen Rückgang von Insekten, was sich auf die Bestände der insektenfressenden Vögel auswirkt.

„Wir setzen uns ein für den Erhalt und die Wiederherstellung intakter Lebensräume“, so BirdLife Österreich, aber ebenso wichtig sei, die Akzeptanz für Schwalben und ihre Nester wieder zu erhöhen. „Da unsere Schwalben sehr standorttreu sind, helfen bereits kleine Maßnahmen, ihnen für die kommende Brutsaison unter die Schwingen zu greifen!“, erörtert Eva Karner-Ranner. 

Weiterführende LINKS

https://www.birdlife.at/blog/aktuelles-zur-vogelwelt-1/post/heimatlose-glucksbringer-11 
https://www.birdlife.at/blog/aktuelles-zur-vogelwelt-1/post/bauanleitung-fur-lehmlacken-52
 https://birdlife.at/page/vogel-des-jahres-2022

Kontakt 

Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich 
Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 
E-Mail: susanne.schreiner@birdlife.at
Homepage: www.birdlife.at

Quelle

Pressemitteilung BirdLife Österreich vom 17.09.2024