Brachflächen weg, Jahresvogel weg!

16. April 2024

Neun von zehn Grauammern (Emberiza calandra) sind in den letzten 25 Jahren verschwunden. Der Agrarlandvogel steht vor dem Aussterben. Intensive Landwirtschaft, fehlende Brachen und Feldraine sowie der massive Einsatz von Pestiziden verursachen diese Negativentwicklung. Zusätzlich verschärft wird die Biodiversitätskrise durch die Senkung der EU-Umweltstandards der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) unter dem Druck der Agrarlobbys und Bauernproteste. Arten wie die Grauammer benötigen ungenutzte Flächen („space for nature“) von mindestens zehn Prozent: Verschwinden die Brachen, verschwindet auch die Grauammer!

Die Grauammer ist Vogel des Jahres 2024. Ihr Brutbestand nahm in den letzten 25 Jahren um 95 Prozent ab (*). Keine andere der überwachten Vogelarten in Österreich ist derartig stark zurück gegangen. Quelle: Brutvogelmonitoring 2022;  Link: monitoring-der-brutvogel | Birdlife Österreich

Grauammer auf einem Strauch sitzend.

Letzte Verbreitungsinseln 

„Der aktuelle Brutbestand dürfte sich auf weniger als 500 Paare belaufen“, weiß Michael Dvorak, wissenschaftlicher Mitarbeiter von BirdLife Österreich, möglichweise sogar deutlich darunter. Ehemals ein häufiger Vogel des Agrarlandes, ist die Grauammer heute nur mehr auf kleine Verbreitungsinseln im östlichen Weinviertel und im Marchfeld in Niederösterreich, sowie auf die Parndorfer Platte und die Region um den Neusiedler See im Burgenland beschränkt. Abseits dieser Gebiete ist die Grauammer im übrigen Österreich weitgehend verschwunden. 

Ursache und Wirkung

Als ehemaliger Charaktervogel der offenen, extensiven Agrarlandschaft benötigt die Grauammer ungenutzte Flächen. „Solche Brach- oder Ruderalflächen sollten zumindest zehn Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ausmachen, damit sich eine lebensfähige Grauammer-Population in Österreich halten kann. Sind diese Brachen weg, ist auch die Grauammer weg!“, betont Michael Dvorak. Als in den späten 1990er Jahren bis zu zehn Prozent der Ackerflächen der EU stillgelegt werden mussten, erreichten die Grauammer und andere Vögel des Agrarlandes sehr viel höhere Populationsdichten als heutzutage. „Es geht um das Überleben der Grauammer, die kurz vor dem Aussterben steht und um alle anderen Arten, die ebenso in Bedrängnis sind! Wirksame Maßnahmen zur Wiederherstellung artenreicher Naturräume sind unumgänglich!“, plädiert Michael Dvorak von BirdLife Österreich.

Hintergrund

Voraussetzung für die Auszahlung erheblicher Agrarförderungen ist die Einhaltung bestimmter Konditionalitäten, darunter die ökologisch wichtigen Brachen. Unter dem Vorwand einer Nahrungsverknappung aufgrund des Ukrainekriegs wurden Teile dieser Regelungen seit 2022 außer Kraft gesetzt. Die Agrarlobbys drängen jedoch auf deren dauerhafte Abschaffung. Unter dem Druck der Bauernproteste knickte die EU-Kommission ein – entgegen dem eigenen „Green Deal“ und wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse – und schlug eine Deregulierung und Flexibilisierung vor.

Unterm Strich eine Verschlechterung der Umweltleistungen der Agrarförderungen, so BirdLife Österreich und weiter: „Es ist zu befürchten, dass ohne diese Mindestanforderung von vier Prozent Brachen in vielen Regionen auch die ambitionierteren Auflagen des ÖPUL nicht ausreichen, um annähernd zehn Prozent „space for nature“ in der Landschaft zu erreichen; des Weiteren sollen Betriebe unter zehn Hektar Betriebsfläche nicht mehr kontrolliert und sanktioniert werden, das sind österreichweit 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe!“ BirdLife appelliert daher an das EU-Parlament, diesen Kahlschlag im Interesse unserer Umwelt entschieden abzulehnen.

Kontakt

 Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 
susanne.schreiner@birdlife.at

 www.birdlife.at

Quelle

Pressemitteilung BirdLife Österreich vom 15.04.2024
Presse | BirdLife Österreich