Wenn Bäume auf dem Acker stehen

17. Mai 2023

Früher sind Bäume auf Weiden und Gemüsefeldern weit verbreitet gewesen. In den vergangenen Jahrzehnten mussten sie aber weichen, um Platz für Traktoren und Pflugmaschinen zu machen. Nun werden Agroforstsysteme als Biodiversitätsmaßnahme und zum Schutz vor Trockenheit wiederentdeckt.

Foto Baum im Nebel

Die Kombination von Erdbeeren und Walnüssen funktioniert nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf dem Feld. Das zeigt ein Modellbetrieb in Niederösterreich. Zwischen den Erdbeerfeldern hat der Landwirt Nussbäume gesetzt. Sobald sie größer sind, versorgen sie die Erdbeerkulturen mit dem von ihnen bevorzugten Halbschatten. Eines von vielen Beispielen, wie man Landwirtschaft und Gehölze miteinander kombinieren könnte, berichtet Theresia Markut vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau: „Es gibt nicht das eine Agroforstsystem, das man über alle Betriebe stülpen kann. Vielmehr muss das System zum jeweiligen Betrieb passen, damit es erfolgreich ist.“

Von Agroforstwirtschaft spricht man nicht nur, wenn Ackerflächen durch Baumreihen begrenzt bzw. geteilt werden, sondern auch, wenn Gehölze mit Weideflächen und Tierhaltung kombiniert werden, in Form von Waldweiden oder Streuobstwiesen beispielsweise.

Positive Wechselwirkungen

Erfolgreich sind Agroforstsysteme, weil sie auch die Vertikale nutzen, erklärt die Biologin. Die Baumkronen spenden Schatten und bremsen den Wind, was wiederum die Verdunstung mindert. Die Wurzeln unterstützen den Nährstoffkreislauf im Boden und den Humusaufbau. „Und durch die bessere Verwurzelung des Bodens kann auch Regenwasser besser gehalten werden. Das schützt auch bei Extremwetterereignissen.“

Und nicht zuletzt sind Agroforstsysteme auch gut für die Artenvielfalt. Sie kombinieren Landwirtschaft und Biodiversitätsmaßnahmen. Zwei Dinge, die oft als Gegensätze angesehen werden.

Höhere Erträge

In der Theorie sollen Bäume und Ackerkulturen in der Kombinationen einen höheren Ertrag abwerfen als in Monokultur, so Markut. In der Praxis muss diese Theorie aber erst noch quantifiziert werden. Da es rund zehn Jahre dauert bis die Gehölze groß genug und Ertragsauswirkungen messbar sind, fehlen aussagekräftige Studien derzeit noch.

Zumindest was Hecken betrifft, gibt es bereits Messungen von der Universität für Bodenkultur in Wien. Dabei konnten bei Luzernen, Winterweizen und Sonnenblumen Ertragszunahmen festgestellt werden. Keinen Einfluss hatten die Hecken hingegen bei Winterroggen.

Vorbilder und Förderprogramme fehlen

Die Vorteile von Agroforstsystemen zu vermitteln sei gar nicht so einfach, meint die Forscherin, die sich auch im Vorstand der ARGE Agroforst für bessere Rahmenbedingungen einsetzt. Betrachte man ein Maisfeld, das neben einer Hecke steht, dann seien die ersten Maisreihen aufgrund des Schattens meist klein und wenig ertragreich. „Was man nicht sieht ist, dass ein paar Reihen weiter der Ertrag höher ist aufgrund der Windbremsung und der besseren Taubildung.“

Noch gibt es, was Agroforstsysteme in Österreich betriff, erst wenige Modellbetriebe. Gute Vorbilder wären jedoch wichtig, denn sie können ansteckend sein, meint Theresia Markut. Neben Vorbildern fehlen auch Förderprogramme. Derzeit müssen die Betriebe die Investitionen allein stemmen.

Quelle

Science ORF vom 17.05.2023