Neue Windkraftzonen in Niederösterreich verordnet
BirdLife Österreich kritisiert Ausweisung in vogelkundlichen Tabuzonen
Am 27. August 2024 verordnete die NÖ Landesregierung per Umlaufbeschluss die 1. Novelle des Sektoralen Raumordnungsprogramms zur Windkraftnutzung. Die Vorlage wurde einstimmig von ÖVP, FPÖ und SPÖ angenommen. Trotz schwerer fachlicher Bedenken in Bezug auf die naturschutzfachliche Verträglichkeit liegt ein großer Teil der neuen Zonen in ornithologischen Tabuzonen. Am stärksten betroffen sind davon die Region March-ThayaNord, das Laaer Becken und der Wagram. Der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich zufolge werde dies zu Konflikten und Verzögerungen beim Ausbau der Windkraft führen sowie bei Ausnutzung der Flächen erhebliche Beeinträchtigungen für mehrere streng geschützte, sensible Vogelarten mit sich bringen.
BirdLife Österreich bekennt sich zum Ausbau der Erneuerbaren Energie und ist überzeugt, dass dieser naturverträglich möglich ist. Ein wesentliches Werkzeug für ein Nebeneinander von Windkraftnutzung und Naturschutz sind dabei naturschutzfachliche Tabuzonen. Im Auftrag der NÖ Landesregierung erarbeitete BirdLife Österreich einen ornithologischen Zonenplan, in dem die sensibelsten Vogellebensräume des Landes abgegrenzt sind. Dennoch sieht die nun beschlossene Novelle vor, dass ein Viertel der neuen Windkraftzonen in ornithologisch hochsensiblen Gebieten liegen. Die eigens eingeholte Studie sowie im Vorfeld geäußerte Kritik von BirdLife Österreich und anderen Naturschutzorganisationen wurden nicht entsprechend berücksichtigt. Konflikte zwischen Naturschutz und Energiewende sind vorprogrammiert. „Wir bedauern, dass die NÖ Landesregierung – wider besseren Wissens – diesen Weg eingeschlagen hat und Flächen für mehr als 50 neue Windkraftanlagen in vogelkundlichen Tabuzonen festlegt. Langwierige Genehmigungsverfahren und fehlende Planungssicherheit für den dringend nötigen Ausbau der Erneuerbaren sind damit vorprogrammiert“, betont Matthias Schmidt von BirdLife Österreich.
Kritik im Detail
Besonders kritisch zu beurteilen sind die teils großflächigen Erweiterungen in Teilen des Weinviertels, das mit 3,9 Prozent der Fläche bisher bereits am stärksten von der Ausweisung von Windkraftzonen betroffen war. „Insbesondere die Region „March-Thaya Nord" ist übermäßig stark belastet und gleichzeitig eines der bedeutendsten Greifvogelgebiete Österreichs sowie Zentraleuropas“, so Schmidt. Das Auftreten der gefährdeten und streng geschützten Arten wie Kaiseradler, Rotmilan und Seeadler in der Region ist außergewöhnlich. Noch, denn der überwiegende Teil neuer Windkraftflächen in der Region liegt nun in den am stärksten von Greifvögeln genutzten Bereichen und führt bei Umsetzung von Projekten zu weiteren Lebensraumverlusten und einem erhöhten Kollisionsrisiko der Großvögel. Auch in der Westhälfte des Weinviertels sind zwei Zonen ergänzt worden, die als hoch kritisch anzusehen sind. Die Neuzonierung bei Unterstinkenbrunn liegt im Herzen des Laaer Beckens, das ein Gebiet von herausragender Bedeutung für Großgreifvögel ist. Am Wagram nördlich der Donau ist eine weitere naturschutzfachlich kritische Fläche ausgewiesen, mitten in einem Kaiseradler-Revier. „Die Vögel müssten zwischen Brutplatz und Jagdgebiet permanent den Windpark durchqueren“, so Matthias Schmidt, „Das ist nicht tragbar!
Fazit
Die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich kritisiert, dass die NÖ Landesregierung die Novelle in der vorliegenden Fassung einstimmig durchgewunken hat. Fachlich fundierte Kritik ist im Planungsprozess unzureichend berücksichtigt worden. Gleichzeitig fehlen Konzepte, wie die dadurch vorprogrammierten Konflikte gelöst werden sollen! „Kompromisse beim Ausbau der erneuerbaren Energie sind nötig und möglich, aber nicht überall und zu jedem Preis! Eine vorausschauende Planung hätte eine gute Grundlage geliefert, doch leider wurde diese Chance mit der vorliegenden Novelle in wesentlichen Gebieten vertan!“, so Schmidt von BirdLife Österreich abschließend.
Kontakt
Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich
Mobil: +43 (0) 699 181 555 65