Das leise Verschwinden der Vögel
Auf Niederösterreichs Wiesen und Feldern spielt sich seit Jahren ein stilles, aber großes Massensterben ab. Laut BirdLife Österreich schrumpfte die heimische Vogelpopulation in den letzten 20 Jahren um rund 40 Prozent. Nun soll ein Artenschutzprogramm helfen.
Die Bestandsentwicklung der heimischen Feld- und Wiesenvögel seit dem Jahr 1998 veranschaulicht laut einer Aussendung von BirdLife Österreich eine erschreckende Bilanz: Grauammer (Minus von 91 Prozent), Girlitz (Minus von 85 Prozent) und Rebhuhn (Minus von 84 Prozent). Die Zahlen zeigen, dass die Populationen bestimmter heimischer Vogelarten stark rückläufig sind. Bei manchen Arten gebe es heute nur noch rund ein Zehntel des Bestands von vor 23 Jahren, heißt es.
Von den 212 in Österreich vorkommenden Brutvogelarten seien die Bestände bei knapp der Hälfte dieser Populationen rückläufig. Besonders gefährdet seien jene Arten, die auf Wiesen und Feldern leben. Die Ursachen für diese dramatische Entwicklung verortet die Vogelschutzorganisation BirdLife vor allem im Wandel von der bäuerlichen zur industriellen Landwirtschaft. Durch intensivere Nutzung würden immer mehr Naturflächen wie Wegränder, Brachen, Hecken und Baumreihen verschwinden.
„Tote“ Landschaften führen zu Vogelsterben
Übermäßiges Düngen und Mähen verwandle artenreiche Wiesen in überlebensfeindliche Flächen, heißt es seitens BirdLife. Neben der Bodenversiegelung sei auch der Einsatz von Insektiziden und Herbiziden problematisch. Durch den Einsatz der Pestizide werde die Nahrung vieler Vögel, die hauptsächlich aus Insekten und Kräutern besteht, vernichtet.
Während die Feld- und Wiesenvögel unter dem Verlust ihres Lebensraums und der Vernichtung ihrer Nahrung leiden würden, gehe es den Vögeln, die in Wäldern leben, besser. Von den 113 heimischen Waldvogelarten seien 69 in ihrem Bestand nicht gefährdet, so Susanne Schreiner von BirdLife Österreich im Gespräch mit noe.ORF.at. Im Gegensatz dazu sei beim Gartenvogel Amsel in den vergangenen Jahren ein starker Rückgang verzeichnet worden, der vermutlich aus dem Auftreten einer speziellen Erkrankung resultiert.
Auswirkungen der Erderwärmung
Vor allem wärmeliebende Vogelarten, die ein gewisses Maß an Trockenheit benötigen, würden von höheren Temperaturen profitieren. Dazu würden unter anderem das Rebhuhn und die Feldlerche gehören, wird vonseiten BirdLifes betont. Am Beispiel des Rebhuhns würden die positiven Effekte der Erwärmung durch intensivierte Landwirtschaft aufgehoben. Das Rebhuhn ist laut BirdLife in manchen Regionen mittlerweile komplett verschwunden.
Der Kuckuck hingegen komme in Schwierigkeiten, weil er in Afrika überwintere und im Frühling zum Brüten nach Europa zurückkehre. Weil es immer früher wärmer wird, würden auch viele Vogelarten früher Eier legen. Wenn der Kuckuck im April aus seinem Winterquartier zurückkehrt, könne es sein, dass er sein Ei nicht mehr in ein fremdes Nest legen kann, weil dort bereits die Kücken geschlüpft seien.
Vogelbeobachtung in Niederösterreich
Mit Hilfe des „Farmland Bird Index“ (FBI) wird seit mehr als 20 Jahren die Entwicklung des Vogelbestands im ländlichen Raum ermittelt. Außerdem werden jedes Jahr zweimal im Frühling die Bestände häufiger österreichischer Brutvogelarten an ausgewählten Messpunkten gezählt. Neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von BirdLife nehmen auch viele freiwillige Hobbyornithologen an diesem Citizen-Science-Projekt (engl. für „Bürger-Wissenschaftler“) teil.
Gegenüber noe.ORF.at erklärt Schreiner von BirdLife Österreich, dass man derzeit an einem rein niederösterreichischen Artenschutzprogramm arbeite. Vordergründig sollen durch diese Initiative Raubvögel wie der Kaiseradler, der Seeadler und der Steinkauz, aber auch andere Arten wie der Große Brachvogel besser geschützt werden, damit auch in Zukunft viele verschiedene Vogelarten ihre Kreise über Niederösterreich ziehen.