Feldhasen - Vom beliebten Eierbringer zur seltenen Art

08. März 2024

Im März sind Feldhasen besonders häufig in der freien Natur zu sehen: Sie schlagen Haken und machen Luftsprünge. Wieso die selten gewordene Art besonders schützenswert ist und warum dem Brauch nach ausgerechnet der Hase zu Ostern bunt bemalte Eier bringt, erzählt der Biologe Klaus Hackländer.

Foto Feldhase

Dass Feldhasen zu Ostern Eier bringen, ist einem Zufall zu verdanken. Seit jeher wurden Eier in der Fastenzeit nicht verspeist und aufgrund der Fülle an Ostern verschenkt. Es entstand der Brauch, dass die Eier zu Ostern rot bemalt (in der Farbe von Christi Blut) und im Freien versteckt wurden.

Kinder fragten natürlich, woher die ganzen Eier zu Ostern kamen und Eltern erfanden wie üblich Geschichten. In manchen Regionen war es der Storch, in anderen die Gans und mancherorts auch der Hase, der angeblich die Eier brachte und versteckte. Diesen und anderen Tierarten war gemein, dass sie im Frühjahr aus den Winterquartieren zurückkamen oder wie der Hase eine außergewöhnliche Aktivität an den Tag legten.

March madness

Denn im März werden die Hasen besonders mutig und sind tagsüber auf Feldern und Wiesen zu sehen. Zu dieser Zeit ist die Hochzeit der Hasen. Partner werden gesucht, bezirzt und vor Konkurrenten bewacht. Da werden lange Verfolgungsjagden hingelegt genauso wie ausgedehnte Boxkämpfe, die die Hasen auf den Hinterbeinen stehend absolvieren. Der sonst nacht- und dämmerungsaktive Hase überrascht uns also im Frühjahr mit seiner Tagaktivität. Die Briten nennen das march madness.

Und wie der Zufall es wollte, kam ein erfolgreicher Kinderbuchautor im 19. Jahrhundert aus einer Ecke Deutschlands, in der sich der Hase als Eierbringer etabliert hatte und so schwappte die Geschichte in den bürgerlichen Haushalten mit Hilfe der Bücher über den gesamten deutschsprachigen Raum. Anderswo in Europa bringt der Hase keine Eier, auch nicht bei den Briten, nur bei uns.

Feldhasen fehlt Nahrung und Schutz

Doch die Häufigkeit der Feldhasen geht seit einem Jahrhundert stetig zurück, messbar an den jährlichen Jagdstrecken der Jäger. Dieser Rückgang ist vor allem der Intensivierung in der Landwirtschaft zuzurechnen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts fand die seit dem Mittelalter vorherrschende Dreifelderwirtschaft – ein Drittel der Fläche lag zur Erholung der Felder brach – ihr Ende und Maschinen und Kunstdünger kamen zum Einsatz.

Man konnte somit mehr Ertrag erwirtschaften und größere Flächen bearbeiten. Den Hasen fehlte immer mehr Nahrung und Deckung, denn großflächige Monokulturen und fehlende Brachen minderten die Lebensraumqualität. Dies führte zu einer deutlich höheren Sterblichkeit, insbesondere bei den Jungtieren. Zu diesen muss man wissen, dass sie nicht in einem geschützten Bau auf die Welt kommen, sondern an der Oberfläche in Mulden, den sogenannten Sassen. Hasenmütter kommen nur einmal am Tag zu ihren Jungen, ansonsten sind die Kleinen auf sich alleine gestellt.

Flaggschiffarten im Naturschutz

Nach der Überproduktion in der Landwirtshaft, die in Europa zu den berüchtigten Milchseen und Butterbergen geführt hatte, lenkte die Europäische Union ein und führte in den 1990er Jahren eine Brachenverpflichtung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik ein. Von heute auf morgen mussten Landwirte 15 Prozent ihrer Fläche aus der Produktion nehmen. Davon profitierten die Hasen und der Rückgang wurde gestoppt. Die verpflichtenden Prozente schwankten seitdem und gingen auch einmal herunter bis auf null Prozent.

Jetzt kämpfen Jagdverbände und andere Naturschutzorganisationen dafür, dass die Bracheverpflichtung aufrecht bleibt. Und sie tun Gutes damit, denn Brachen helfen nicht nur dem Feldhasen, sondern neben den selten gewordenen Ackerkräutern auch einer Unzahl an Insekten, Spinnen und bodenbrütenden Vögeln. Feldhasen sind damit zu Flaggschiffarten im Naturschutz geworden, von deren Schutz eine große Artenvielfalt in der stark ausgeräumten Offenlandschaft abhängig ist.

Hakenschlagen und Luftsprünge

Die Dichte der Hasen in Österreich ist heute also deutlich geringer als noch vor 100 Jahren, aber gerade im März kann man die Langohren bei ihrem Hochzeitstreiben gut beobachten. Schließlich haben die Äcker und Wiesen noch eine geringe Vegetationshöhe. Wenn man beim Spaziergang durch die Feldflur faustgroße Junghasen findet, die sich regungslos an den Boden drücken, sollte man diese tunlichst liegen lassen und nicht mit nach Hause nehmen.

Denn die Mutter kommt am Abend, säugt die Jungtiere für wenige Minuten und überlässt sie dann wieder ihrem Schicksal. Säße sie neben ihnen, würde das nur Feinde der Hasen auf mögliche Beute aufmerksam machen. Und schließlich sind die kleinen Hasen, die nach der Geburt auch Fäustlinge genannt werden, perfekt getarnt. Wenn nicht die in der Kulturlandschaft sehr häufig gewordenen Füchse oder Krähen die kleinen erspähen oder die maschinelle Bearbeitung der Äcker und Wiesen ihnen den Garaus macht, dann wachsen die bei der Geburt im März mit 100 Gramm gesetzten Junghasen bis Ostern auf bis zu einem Kilo.

Dann rennen sie fast schon so schnell wie ihre älteren Artgenossen, die auf bis zu 80 km/h kommen. Bei schnellen Verfolgern schlagen sie auch schon ihre berühmten Haken oder springen aus dem Lauf zwei Meter in die Luft. Doch trotz dieser Anpassungen an ein gefährliches Leben ohne schützenden Bau haben es die Feldhasen nach wie vor schwer. Unsere Landschaft wird weiter versiegelt, mit Straßen zerschnitten oder durch eingezäunte Fotovoltaikanlagen unzugänglich gemacht. Achten wir gemeinsam darauf, dass auch künftig unsere Kinder noch Hasen beim Spaziergang in der Feldflur beobachten können.

Über den Autor

Klaus Hackländer lehrt und forscht am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

Quelle

Feldhasen: Vom beliebten Eierbringer zur seltenen Art - science.ORF.at(letzter Zugriff am 8. März 2024)