Dramatischer Artenschwund bei Schmetterlingen

20. Januar 2025

Bei Schmetterlingen – vor allem bei Tagfaltern – ist in niederen Lagen ein dramatischer Rückgang der Artenvielfalt zu beobachten. Das zeigt eine Studie von Forschern aus Salzburg, Deutschland und Polen, die im Fachblatt „Ecological Entomology“ veröffentlicht wurde. In den Bergen bleibt der Falterbestand zwar einigermaßen stabil, wird aber auch artenärmer.

Perlmuttfalter auf einer Pflanze ruhend.

Bei ihrer Studie stützen sich die Wissenschaftler auf Aufzeichnungen aus dem Archiv des Hauses der Natur Salzburg, die von 1990 bis ins Jahr 2022 reichten. Diese Langzeitdaten lassen das Team um Jan Christian Habel von der Universität Salzburg tief in die Entwicklungen der Schmetterlingsvielfalt im Salzburger Land blicken.

Intensive Landwirtschaft dezimiert Schmetterlingsvielfalt

Die Zunahmen der intensiven Landwirtschaft veränderte demnach die Zusammensetzung der Natur tiefgreifend – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Tagfalter, berichten die Wissenschafter. Von der einstigen Artenvielfalt ist in den tieferen Lagen bis rund 800 Meter Seehöhe nur noch wenig übrig. Grund dafür sind neben der Landwirtschaft mit dem teils massiven Einsatz von Düngemitteln sowie häufigem Mähen auch die Zerstörung vieler ursprünglicher Lebensräume. Da die meisten Tagfalterarten eher nährstoffarme Umwelten bevorzugen, bereitet ihnen das häufige Düngen Probleme.

In Zeiten, in denen halbwegs naturbelassene Ökosysteme noch häufiger verfügbar waren, dienten diese immer wieder als Rückzugsgebiete für Schmetterlingsarten: „Ursprünglich waren die Schmetterlingsgemeinschaften auf Wiesen vergleichsweise dynamisch und bestanden aus einer großen Zahl unterschiedlicher Arten. Zahlreiche dieser Arten überlebten in einem großen Verbund lokaler Vorkommen. Diese starben auch immer wieder mal lokal aus – wurden jedoch sehr bald wieder von Tieren aus benachbarten Vorkommen besiedelt“, betonte Habel.

„Viele spezialisierte Arte verschwunden“

Doch das sei nun in Gebieten unter 800 Metern Seehöhe nicht mehr so. Die einstigen Netzwerke von verschiedenen kleineren lokalen Lebensräumen für die Schmetterlinge seien verschwunden, „und mit ihnen auch viele dieser spezialisierten Arten“, so der Studien-Co-Autor Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Für Habel ist klar: „Besonders die ökologisch anspruchsvollen und standorttreuen Arten zeigen negative Bestandsentwicklungen.“ Das gelte bei weitem nicht nur für das Untersuchungsgebiet – die Salzburger Erkenntnisse stünden beispielhaft für den Großteil der landwirtschaftlich geprägten, außeralpinen Gebiete Mitteleuropas.

„Allerweltsarten“ profitieren

Gewissermaßen die Gewinner der Entwicklung in Richtung ausgeprägter Arten-Verarmung und Monotonie sind sehr mobile und mehr oder weniger überall anzutreffende „Allerweltsarten“, wie zum Beispiel Tagpfauenauge oder Kleiner Fuchs, bzw. unterschiedliche Weißlingsarten, wie der Rapsweißling oder der Kleine Kohlweißling. Diese Schmetterlinge seien wiederum zum Teil sogar in relativ großer Zahl anzutreffen, so Habel.

Mehr Vielfalt dort, wo weniger Landwirtschaft möglich ist

Weiter oben – ab etwa 800 bis 1.000 Meter Seehöhe – sieht es laut der Untersuchung „noch recht dynamisch und artenreich“ aus, ergänzte Patrick Gros vom Haus der Natur Salzburg. Im gebirgigeren Gebiet verhindert die Beschaffenheit des Geländes die starke Intensivierung der Landwirtschaft, „was sich positiv in der noch vorhandenen Artenvielfalt in den Bergen widerspiegelt“. Immerhin tummeln sich dort noch Arten wie zum Beispiel diverse Bläulinge, Schecken- oder Perlmuttfalter.

Sieht man sich die „Rote Liste der Tagfalter Salzburgs“ an, werden über das gesamte Landesgebiet hinweg mittlerweile insgesamt rund 37 Prozent der Arten in eine Gefährdungskategorie eingereiht. 3,3 Prozent der bekannten Arten gelten – Stand 2023 – als verschollen oder ausgestorben. In der tief liegenden Region „Alpenvorland und Salzburger Becken“ wurden sogar knapp mehr als 68 Prozent der Tagfalter-Arten in eine Gefährdungskategorie eingestuft. Hier sind „dramatische“ 28 Prozent der historischen Bestände verschollen oder ausgestorben.

Brachflächen, Streuwiesen und Magerwiesen wichtig

Um der „monotonen Stabilität“ entgegenzuwirken, sollten der Erhaltung und Förderung der wenigen verbleibenden natürlichen oder naturnahen Lebensräume mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, plädieren die Forscher. Trotz intensiven und oftmaligem Mähens von Wiesen müssten dort auch Brachflächen stehen gelassen werden. Besonderen, regional abgestimmten Schutz sollten vor allem magere Niedermoorstreuwiesen, Magerweiden und Magerwiesen genießen.

Links

Aktuelle Studie zur Schmetterlingsartenvielfalt in „Ecological Entomology“

Downloads

Rote Liste der Tagfalter in Salzburg 2023 

Quelle

Dramatischer Artenschwund bei Schmetterlingen - salzburg.ORF.at