Artensterben größer als angenommen

09. November 2023

Mehr Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht als bisher angenommen. Das zeigt eine neue Studie, die sich auf die Situation in Europa konzentriert hat. Rund 20 Prozent der auf einer Roten Liste stehenden Arten sind auf dem Kontinent gefährdet – doch einige Beispiele machen auch Hoffnung.

Gebänderte Prachtlibelle auf einem Blatt ruhend.

In allen Artengruppen ähnlich

Das Team, zu dem auch Thomas Zuna-Kratky vom Ingenieurbüro für Landschaftsplanung und Landschaftspflege in Wien gehört, kam zu dem Schluss, dass 27 Prozent dieser Pflanzenarten, 24 Prozent der wirbellosen Tiere und 18 Prozent der Wirbeltiere vom Aussterben in den kommenden Jahrzehnten bedroht sind. Insgesamt sind das knapp 3.000 Arten.

125 Tier- und Pflanzenarten gelten bereits jetzt als ausgestorben, regional ausgestorben oder möglicherweise ausgestorben, berichten die Forscherinnen und Forscher im Fachjournal „Plos One“. „Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass sich die Anzahl gefährdeter Arten über die verschiedenen Artengruppen nicht maßgeblich unterscheidet“, so Hochkirch.

Weltweit zwei Millionen Arten in Gefahr

Eine globale Bestandsaufnahme des Weltbiodiversitätsrates IPBES aus dem Jahr 2019 erkannte eine Million Arten der geschätzt acht Millionen Arten weltweit als bedroht. Laut der aktuellen Analyse mit den europäischen Arten wären es weltweit fast doppelt so viele, also zwei Millionen, so die Fachleute. Die Verdopplung innerhalb weniger Jahre lasse sich mit neuen und genaueren Informationen begründen, erklärte Josef Settele, Mitautor des letzten IPBES-Berichtes und Biologe, zur neuen Studie.

Landwirtschaft, weniger Lebensraum, Klimawandel

Als Gründe nannten die Fachleute etwa den Verlust des Lebensraums, intensive Landwirtschaft und Umweltverschmutzung. „Zwar wurde die Feststellung, dass landwirtschaftliche Landnutzungsänderungen eine große Bedrohung darstellen, schon oft gemacht, aber unsere Analyse ist die bisher umfassendste und eindeutigste, die das Ausmaß dieser Bedrohung im kontinentalen Maßstab bestätigt“, so die Autoren und Autorinnen. Auch die Übernutzung biologischer Ressourcen sowie durch den Klimawandel verursachte Extremwetterlagen gefährden die Artenvielfalt demnach massiv.

Österreich mit besonderer Verantwortung

„Für Österreich macht die aktuelle Arbeit deutlich, dass hier im Vergleich zum Rest Europas eine sehr hohe Artenvielfalt existiert“, erklärte Jan Christian Habel vom Fachbereich Umwelt und Diversität der Universität Salzburg: „Somit trägt Österreich eine besonders große Verantwortung für den Erhalt von Artenvielfalt.“

Zahlreiche Studien würden belegen, dass auch hierzulande die Zahl der Pflanzen und Insektenarten stark rückläufig ist. „Eine politische Reaktion ist in Österreich und EU-weit überfällig“, meint der Experte, der an der aktuellen Studie nicht beteiligt war.

Schutzmaßnahmen wirken

Deren Autorinnen und Autoren sehen auch Grund zur Hoffnung: Neuansiedlungen von Tierarten und ein besonderer Schutz können helfen, die Artenvielfalt zu erhalten. „Wichtig ist es, Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Arten einzuleiten. Diese zeigten bei Wirbeltieren ja schon viel Erfolg, was die Ausbreitung früher gefährdeter Arten, wie Schwarzstorch, Seeadler, Wanderfalke, Uhu und Fischotter beweist“, so Hochkirch: „Es ist wichtig, die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen rechtzeitig umzusetzen. Wir verfügen bereits über genügend Beweise, um zu handeln – was uns fehlt, sind Taten.“

Quelle

Umwelt: Artensterben größer als angenommen - science.ORF.at