Weltgemeinschaft will Artenschutz verbessern
Die Vertragsstaaten der UNO-Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) wollen den dramatischen Verlust von Arten und Lebensraum bremsen oder möglichst stoppen. Eine neue Strategie sieht vor, bis 2030 mindestens 30 Prozent der wichtigsten Landflächen und Meere zu schützen. Ihr Ziel bis 2050: „im Einklang mit der Natur leben“.
Der Text des Abkommens soll über den Sommer weiter verhandelt und auf der 15. Weltnaturschutzkonferenz (Cop15) im Oktober im südwestchinesischen Kunming beschlossen werden. Allerdings haben sich die Vertragsstaaten schon früher ehrgeizige Ziele gesetzt und nicht eingehalten. So wurden bereits die bis 2020 festgelegten Vorgaben verfehlt, wie der bilanzierende Bericht zum Zustand der Biodiversität in dem Jahr feststellte.
„Dringend politisches Handeln ist global, regional und national erforderlich, um die wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Modelle zu transformieren“, sagte die Leiterin des Sekretariats der UNO -Konvention, Elizabeth Maruma Mrema, bei der Vorlage des Entwurfs. Ziel müsse sein, die Trends, die den Verlust der Biodiversität verstärkten, bis 2030 zu stabilisieren. In den folgenden zwei Jahrzehnten müsse dann eine Erholung der Ökosysteme ermöglicht werden, um bis 2050 unterm Strich Verbesserungen zu erreichen.
Risiko für Pandemien
Wegen des Ausbruchs des Coronavirus war die ursprünglich im Herbst 2020 geplante Biodiversitäts-Konferenz in Kunming in der Provinz Yunnan verschoben worden und soll jetzt vom 11. bis 24. Oktober stattfinden. Im Mittelpunkt steht der alarmierende Rückgang der biologischen Vielfalt weltweit. Durch den Verlust an Lebensräumen, Arten und auch genetischer Vielfalt verarmt nicht nur die Natur, sondern ist auch die Lebensgrundlage der Menschheit bedroht. Wie das Risiko von Pandemien auch über Naturschutz und den Erhalt der biologischen Vielfalt verringert werden kann, ist als zusätzliches Thema hinzugekommen.
Das angestrebte Rahmenabkommen soll dazu führen, dass die 196 Vertragsstaaten ihre nationalen und regionalen Aktionspläne entwickeln sowie ihre Strategien auf den neuesten Stand bringen. Die Entwicklung solle ständig beobachtet und der Fortschritt auf globaler Ebene überprüft werden, fordert das CBD-Sekretariat.
Eine wirksame Umsetzung des Rahmenabkommens erfordere auch neue finanzielle Mittel. Mindestens zehn Milliarden US-Dollar sollten Entwicklungsländern pro Jahr zusätzlich bereitgestellt werden. Subventionen und andere Anreize, die der Artenvielfalt schaden, sollten umgeleitet oder beseitigt und um mindestens 500 Milliarden US-Dollar im Jahr reduziert werden, steht in dem Entwurf.
Weniger Chemie, weniger Plastik
Zu den 21 Zielen der geplanten globalen Strategie bis 2030 gehört auch eine Verringerung des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und eine Verringerung von Plastikmüll. Die Menge der Nährstoffe, die in die Umwelt verloren gingen, sollte um mindestens die Hälfte reduziert werden – die Menge der Pestizide um zwei Drittel. Die Umweltverschmutzung müsse auf ein Niveau vermindert werden, dass der Biodiversität, der Funktion der Ökosysteme und der menschlichen Gesundheit nicht abträglich sei, heißt es weiter.
Der Anstieg bei den ausgestorbenen Arten solle gestoppt und möglichst umgekehrt werden, sehen die konkreten Ziele in dem Entwurf vor. Das Risiko des Aussterbens soll bis 2030 um mindestens zehn Prozent herabgesetzt werden, während die Zahl der bedrohten Arten abnehmen müsse. Zu den langfristigen Zielen bis 2050 zählt, die Geschwindigkeit des Artentodes sehr deutlich zu reduzieren. Das Risiko des Aussterbens müsse bis dahin halbiert werden, wird gefordert.
Die 1993 in Kraft getretene und völkerrechtlich bindende Konvention ist das wichtigste multilaterale Vertragswerk zum Schutz der Artenvielfalt. Es wurde von den meisten der 196 Vertragsstaaten auch ratifiziert, allerdings von den USA noch nicht.
Kritik von Umweltschützern
Die Umweltstiftung WWF hat die Pläne für die Weltnaturschutzkonferenz im Oktober im chinesischen Kunming als unzureichend kritisiert. Der am Montag vorgelegte Entwurf für eine neue Strategie im Kampf gegen den Verlust von Arten und Lebensraum sei nicht ambitioniert genug, sagte Biodiversitäts-Experte Florian Titze. „Die enthaltenen Ziele würden nicht ausreichen, um das Artensterben weltweit bis 2030 zu stoppen.“
Der ökologische Fußabdruck des Konsums und der Produktion werde damit nicht weit genug reduziert. „Mindestens eine Halbierung wäre bis 2030 notwendig.“ Dazu gehöre auch die Nahrungsmittelproduktion, wo der Entwurf „deutlich zu schwach“ sei. „Die Transformation zu nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzsystemen ist grundsätzlich viel zu wenig im Fokus“, sagte Titze. „Klar ist: Wenn weiter im großen Stil in die Zerstörung der Natur investiert wird, dann helfen auch ambitionierte Flächenschutzziele nichts.“
Das Flächenschutzziel in dem Entwurf von 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche sei grundsätzlich begrüßenswert, aber es fehle weiter an klaren Garantien für die Rechte indigener Völker, sagte der Experte. Alle Ziele nützten auch nichts, wenn das neue Abkommen nicht ausreichend finanziert und durch starke und verpflichtende Umsetzungsmechanismen untermauert werde. Der WWF (World Wide Fund For Nature) forderte eine Erhöhung der internationalen Biodiversitätsfinanzierung durch die Bundesregierung auf mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr.
Quelle: ORF-Science vom 12.07.2021 (letzter Zugriff am 13.07.2021)