EU-Parlament stimmt für Renaturierung

28. Februar 2024

GESETZ ABGESCHWÄCHT

Das EU-Parlament hat am Dienstag das EU-Renaturierungsgesetz mit knapper Mehrheit angenommen. Das umstrittene Gesetz zur Wiederherstellung der Natur nahm damit eine der letzten Hürden vor seinem Inkrafttreten. Zuvor hatte es für viel Aufregung gesorgt und wäre im Sommer fast gekippt worden, Abschwächungen wurden vorgenommen.

Überschwemmte Wiese mit einem großen Eichbaum im Auengebiet bei der Storchenstadt Marchegg in Niederösterreich.

329 Parlamentarierinnen und Parlamentarier stimmten für, 275 dagegen. 24 enthielten sich. Uneinig waren Österreichs Abgeordnete: Während SPÖ, Grüne und NEOS mit Ja votierten, stimmten die Mehrheit der ÖVP und die FPÖ dagegen. Nun muss noch der Rat der Mitgliedsstaaten dem Kompromiss zustimmen. Das wird für März erwartet.

Das Gesetz ist ein zentraler Teil des umfassenden Klimaschutzpakets „Green Deal“, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Es enthält das Ziel der EU-Kommission, bis 2030 Renaturierungsmaßnahmen für mindestens 20 Prozent aller Land- und Meeresflächen in der EU einzuführen. Auf welchem Weg das geschieht, liegt bei den einzelnen EU-Staaten. Das Gesetz stellt auch eine zentrale Säule der Biodiversitätsstrategie der EU dar.

Abgeschwächtes Gesetz

Der Entwurf für das EU-Renaturierungsgesetz wurde im Laufe der Diskussionen und Abstimmungen abgeschwächt. Es sah ursprünglich vor, dass die Mitgliedsstaaten unverzüglich und verpflichtend Maßnahmen zur Wiederherstellung von sich in schlechtem Zustand befindlichen Ökosystemen ergreifen müssen – bis 2030 auf mindestens 20 Prozent, bis 2040 auf 60 Prozent, bis 2050 auf 90 Prozent der betroffenen Flächen.

Im Europäischen Parlament konnte im Sommer allerdings ein komplettes Abschmettern des Gesetzesvorschlags knapp verhindert werden. In der Folge wurde ein Kompromiss gefunden, der eine deutliche Schwächung der ursprünglichen Ziele bedeutet. Zahlreiche Ausnahmebestimmungen sollen etwa verhindern, dass die Agrarproduktion allzu sehr eingeschränkt werden kann.

EVP mobilisierte gegen strengeren Entwurf

Vor allem die Europäische Volkspartei (EVP), darunter auch die ÖVP, hatte gegen das Vorhaben im letzten Frühjahr und Sommer gewettert, unter anderem, weil strenge Auflagen für landwirtschaftliche Betriebe befürchtet wurden.

Kritik im Vorfeld kam auch in Form von Demonstrationen von Bauern und Bäuerinnen. Landwirtschaftsverbände hatten gegen strengere Umweltauflagen aus Brüssel zuletzt heftig protestiert, unter anderem eben gegen das Renaturierungsgesetz und auch gegen eine deutliche Verringerung der Nutzung von Pestiziden. Die EU-Kommission hatte allerdings darauf bereits reagiert und Lockerungen in Aussicht gestellt.

Alexander Bernhuber, Agrar- und Umweltsprecher der ÖVP im EU-Parlament, fand nach der Abstimmung klare Worte: „Als Volkspartei ist man klar für Renaturierung … Aber wir lehnen zentralistische Eingriffe ab.“ Darum habe man gegen diesen rechtlich mangelhaften Vorschlag gestimmt.

„Verwässertes Gesetz“, „Anschlag auf Landwirte“

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder bedauerte am Dienstag dagegen den „verwässerten Kompromiss bei einem zentralen Punkt des Grünen Deals“. Er verstehe „den dumpfen Anti-Grün-Populismus nicht ganz“. Die FPÖ sah hinter dem Gesetz hingegen einen schweren Anschlag auf die Landwirtinnen und Landwirte. „Die EU führt derzeit einen Vernichtungsfeldzug gegen die eigenen Bauern“, kommentierte der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider das Gesetz.

„Größte Teile der österreichischen Waldlandschaft werden den Bedingungen heute schon gerecht“, sagte der grüne EU-Abgeordnete Andreas Waitz. „Die Maßnahmen sind schon fast zu abgeschwächt. Ich verstehe nicht, wie man da noch dagegen sein kann.“ Auch seine NEOS-Kollegin Claudia Gamon betonte, dass „die Einwände spät kommen. Die EVP war ja am Anfang mit dabei beim Green Deal.“

„Dringend benötigt“, „wichtiger Meilenstein“

Das EU-Renaturierungsgesetz sei ein „dringend benötigtes Erste-Hilfe-Paket für unsere geschwächte Natur in Österreich und Europa“, hieß es von Greenpeace Österreich. So sollten etwa Wälder aufgeforstet und Moore wiedervernässt werden, denn diese Lebensräume seien wichtige Verbündete im Kampf gegen Dürren, Hitzewellen und Fluten. „Um das Artensterben jedoch tatsächlich aufzuhalten, braucht es noch stärkere Ambitionen.“

Der WWF sagte, die Verordnung sei ein „wichtiger Meilenstein“. „Die Wiederherstellung der Natur ist eine der dringlichsten Aufgaben der nächsten Jahrzehnte.“ Ohne intakte Ökosysteme gebe es keine fruchtbaren Böden, kein sauberes Trinkwasser, keine saubere Luft, und man schlittere ungebremst in die Klimakrise. „Die Wiederherstellung der Natur war eine der zentralen Forderungen der erfolgreichen europäischen Bürgerinitiative ‚Bienen und Bauern retten‘“, zeigte sich Global 2000 in einer Aussendung erfreut.

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Quelle

Gesetz abgeschwächt: EU-Parlament stimmt für Renaturierung - news.ORF.at