Österreichisches Biodiversitäts-Monitoring der offenen Kulturlandschaft

In Österreich gibt es ein Monitoringprogramme für Wälder, Gewässer, Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse oder für Vögel. Ein systematisches, österreichweites Biodiversitäts-Monitoringprogramm für die offene Kulturlandschaft hat bis vor wenigen Jahren in Österreich noch nicht existiert. Mit dem Biodiversitäts-Monitoring der offenen Kulturlandschaft (ÖBM-Kulturlandschaft) legte das Umweltbundesamt in den Jahren 2017/18 den Grundstein, um die langfristige Entwicklung der biologischen Vielfalt auch für diesen Landschaftstyp zu dokumentieren.

Foto Bergwiese

In den Jahren 2007/08 haben Expertinnen und Experten der Universität für Bodenkultur (BOKU) im Rahmen des Projektes "Biodiversity – Nature – Safety" Monitoring-Daten zur Biodiversität auf 100 Testflächen in der der Ackerland-dominierten Kulturlandschaft erhoben (Pascher et al. 2011). Um eine Vergleichbarkeit mit diesen Daten zu gewährleisten, wendeten die Expertinnen und Experten des Umweltbundesamts die gleichen Erhebungsmethoden an. In den Testflächen mit einer Größe von jeweils  625 x 625 m2  wurden Pflanzen, Heuschrecken und Tagfalter in zehn Probekreisen dokumentiert.

Die Stichprobe umfasste 200 Flächen für die gesamte offene Kulturlandschaft. Diese Anzahl ist geeignet, um relevante Veränderungen der Biodiversität um mehr als 5 % mit relativ hohen Wahrscheinlichkeiten zu erfassen (Schindler et al. 2017).

Diese Flächen wurden als eine Zufallsstichprobe aus jenen von der Statistik Austria definierten 1 km²-großen Rasterzellen gezogen, die mindestens zur Hälfte offene Kulturlandschaft (kein Wald, keine Gewässer oder Siedlungen) abdecken.

Biotoptypen, Landbedeckung, Ökosystemfunktionen und Artenreichtum

100 dieser Testflächen wurden 2017/18 von den Expertinnen und Experten der BOKU kartiert und analysiert (Pascher et al. 2020). Diese Testflächen haben die Expertinnen und Experten des Umweltbundesamts in der ersten Freilanderhebung um weitere 100 Flächen ergänzt. Die Flächen liegen vor allem in der Grünland-dominierten Kulturlandschaft sowie auf Almen .

Neben der Bestimmung und geometrischen Abgrenzung einzelner Biotoptypen wurden, ausgehend von Fernerkundungsdaten, Analysen auf drei Ebenen durchgeführt: eine phänologische Charakterisierung der Biotoptypen und eine Erfassung von Ökosystemfunktionen (z. B. Normierter Differenzierter Vegetationsindex, NDVI) in den Testflächen, eine Erfassung von Ökosystemstrukturen in den umliegenden 3 x 3 km2 großen Landschaftsausschnitten sowie eine bundesweite Bestandsaufnahme der Landbedeckung. Die Ergebnisse stellen die Referenzwerte für die Analyse zukünftiger Veränderungen dar.

Für die Heuschrecken wurde auf allen Testflächen ein Erhebungsdurchgang durchgeführt, für die Gefäßpflanzen und Tagfalter in einem Teil der Testflächen ein zweiter. Dazu wurden für die einzelnen Arten je zehn Probekreise mit Radien von jeweils 20 m ausgewählt. 

Die nachstehend beschriebenen Ergebnisse beziehen sich auf die 100 Testflächen, die in den Jahren 2017/18 von den Expertinnen und Experten des Umweltbundesamtes kartiert wurden.

Intensiv bewirtschaftete Äcker und Intensivwiesen der Tallagen am weitesten verbreitet

Die Landbedeckungsanalyse auf den 3 x 3 km2 großen Landschaftsausschnitten zeigte, dass in den beprobten Landschaften der Anteil an intensivem Dauergrünland am höchsten war, gefolgt von Ackerland und Nadelwald. Die Kartierung der Biotoptypen auf den 625 x 625 m2 Testflächen ergab, dass intensiv bewirtschaftete Äcker, Intensivwiesen der Tieflagen sowie frische, basenarme Magerweiden der Bergstufe zu den am weitesten verbreiteten Biotoptypen zählten, gefolgt von frischen, artenreichen Fettwiesen der Tieflagen, Hochgebirgs-Silikatrasen und den Beständen der Rost-Alpenrose.

Die Hälfte aller in Österreich vorkommenden Arten der Gefäßpflanzen, Heuschrecken und Tagfalter wurden erfasst

Im Zuge der organismischen Erhebungen wurden in den 100 Testflächen 1.419 Gefäßpflanzenarten (47 % der in Österreich vorkommenden Arten), 76 Heuschreckenarten (inkl. Gottesanbeterin – Mantis religiosa; 54 % der in Österreich vorkommenden Arten) und 129 Tagfalterarten (57 % der in Österreich vorkommenden Arten) erfasst.

Berechnete Biodiversitäts-Indikatoren zeigen den mittleren Artenreichtum pro Testfläche (138,2 ± 42,6 für Gefäßpflanzen, 9,5 ± 4,5 für Heuschrecken und 11,3 ± 5,2 für Tagfalter), den mittleren Artenreichtum pro Probekreis (39,5 für Gefäßpflanzen, 3,4 für Heuschrecken und 2,9 für Tagfalter) sowie die Beta-Diversität unter den Testflächen (10,3 für Gefäßpflanzen, 8,0 für Heuschrecken und 11,4 für Tagfalter).

Zweiter Durchgang

In den Jahren 2023/24 haben die Expertinnen und Experten des Umweltbundesamts bzw. im Auftrag des Umweltbundesamts  in einem zweiten Durchgang österreichweit Gefäßpflanzen, Heuschrecken und Tagfalter auf200 Aufnahmeflächen kartiert. Die aktuellen Daten werden gegenwärtig ausgewertet (Stand Oktober 2024). Diese systematischen Beobachtungen ermöglichen eine umfassende Bewertung des Status und des Trends der Biodiversität in der offenen Kulturlandschaft .

Literatur

Pascher K., Hainz-Renetzeder C. et al. (2020): BINATS II – Erfassung der Biodiversität in den österreichischen Ackerbaugebieten anhand der Indikatoren Landschaftsstruktur, Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Tagfalter und Wildbienen – 2. Erhebungsdurchgang 2017/18 nach zehn Jahren. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) sowie des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK). Endbericht 2020. Universität für Bodenkultur. Wien.

Pascher K., Moser D. et al. (2011): Setup, efforts and practical experiences of a monitoring program for genetically modified plants – An Austrian case study for oilseed rape and maize. Environmental Sciences Europe 23: 12 S. DOI: 10.1186/2190-4715-23-12  

Schindler S., Banko G. et al. (2017): Österreichisches Biodiversitäts-Monitoring (ÖBM) – Kulturlandschaft. Konzept für die Erfassung von Status und Trends der Biodiversität. Umweltbundesamt. Wien. Report REP-0635